2'000 Verschwundene in der Türkei und Kurdistan
Eingreifen statt schweigen!
verschiedene Organisationen
(jeden Samstag 11-12 Uhr, ab 10/96)
Die kurdische Identität, Kultur und Sprache ist immer geleugnet worden. Mit dem Erstarken des kurdischen Befreiungskampfes in den 80er Jahren entwickelte die kurdische Bevölkerung nach Jahrzehnten der Demütigung neues Selbstvertrauen und schöpfte neuen Mut und Hoffnung auf ein menschenwürdiges und friedliches Leben, auf dessen Verwirklichung sie nie mehr verzichten wird.
Von der türkischen Regierung wird dieser Krieg bis heute geleugnet. Die gesamte türkische Medienwelt ist diesbezüglich mehr oder weniger gleichgeschaltet, nur die eine Meinung des Staats ist erlaubt. Stimmen, die sich dennoch zu erheben wagen, werden zum Schweigen gebracht, sowohl in Kurdistan als auch in der Türkei. Dass Menschen auf offener Strasse erschossen werden, gehört im ganzen Land ebenso zum Alltag wie das "Verschwindenlassen" von Menschen.
Bis heute gibt es an die 2000 Verschwundene. Menschen, die von Zuhause, auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsort von Zivilpolizisten mit Autos ohne Nummernschilder abgeholt wurden und nie mehr auftauchten. Die vielleicht wie die Journalistin Ayse Malkaç im Gefängnis von anderen Gefangenen noch gesehen wurden, von der aber die Sicherheitskräfte behaupten, sie niemals verhaftet zu haben - trotz der Augenzeugen.
Auch in anderen Ländern mit faschistischen Diktaturen wie z.B. Argentinien, Guatemala und Chile gehörte das Verschwindenlassen von Menschen zur Tagesordnung. So wie sich dort die Angehörigen der Verschwundenen organisierten, z.B. die Mütter der Plaza de Mayo, führen seit mehr als einem Jahr Angehörige und FreundInnen verschwundener Menschen in Istanbul, später auch in Adana und Izmir, jeden Samstag Protestaktionen durch. Für eine Stunde sitzen sie auf der Strasse, berichten über einzelne Schicksale und bringen ihre Forderungen zum Ausdruck.
Der türkische Staat duldet aber keinen Protest gegen den Krieg in Kurdistan; duldet keinerlei Opposition gegen das Regime und keine Forderung nach Frieden - denn es herrscht ja offiziell kein Krieg. Regelmässig werden die sitzenden Angehörigen und FreundInnen von Sicherheitskräften zusammengeschlagen und verhaftet. Doch jeden Samstag sammeln sie sich von neuem, durch nichts mehr sind sie einzuschüchtern.
Der Krieg in Kurdistan, die durch diesen Krieg schwer geschädigte Wirtschaft, die Haltung der Regierung gegenüber jeder Opposition wäre ohne die Unterstützung der westlichen Länder nicht möglich. Allen voran unterstützt die NATO ihr Partnerland, aber auch europäische Regierungen haben eine aktive Rolle in diesem Krieg eingenommen.
Wir als Menschen, die in der Schweiz leben, möchten nicht
wegsehen und so dem Grauen einen Anschein der Natürlichkeit geben.
Wir fühlen uns verantwortlich und greifen ein. Der Krieg muss sofort
aufhören, kein Mensch darf mehr verschwinden oder erschossen werden.
Wir gehen jeden Samstag um die gleiche Zeit wie die Angehörigen und
FreundInnen auf die Strasse. Mit unseren Aktionen wollen wir die dringend
nötige Öffentlichkeit schaffen und einen Druck aufbauen und damit
den Kampf der Menschen in Kurdistan und der Türkei um Selbstbestimmung,
gegen Ausbeutung und Unterdrückung zu unterstützen.