Ethnische Sauberung oder Abstieg in die Hölle.
Am hutu stellte man der tutsi als tödlicher Feind vor.
Am tutsi stellte man der hutu als ein abzureißender Feind vor.
Und von den zwei Brüdern, daß sie ursprünglich waren,
machte man davon Zirkustiere für einen tödlichen Kampf,
wo das Recht der Kraft die Kraft des Rechts ersetzt hatte.
Während dieser Zeit fischten die schlauen Politiker aus dunkeln Gewässern...
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Ende Januar 1996 wurden für immer mehr Provinzen und sogar Gemeinden Militärs zu Gouverneuren bzw. Administratoren ernannt. Auf Gemeindebene hatte es dies noch nicht einmal zu Zeiten der Militärdiktatoren Micombero, Bagaza und Buyoya gegeben. Damit kam der seit zwei Jahren schleichende Putsch wieder ein gutes Stück voran. Im Militärbericht während des Putschversuchs vom 21.10.1993 war Punkt zwei: Unterstellung der Territorialverwaltung unter militärisches Kommando. Was vor zwei Jahren nicht gelang, war im Juni 1995 nochmals vergeblich versucht worden: die vom Präsidenten verkündeten Notstandsmaßnahmen sahen vor, die Provinzen Militär- und Zivilgouverneuren gemeinsam zu unterstellen. Das Parlament konnte dies noch gerade verhindern. Jetzt aber setzte die Armee sich durch: Ermordete oder durch Morddrohungen zum Rücktritt gezwungene Zivilgouverneure wurden einfach durch Militärs ersetzt; in Gemeinden wurden vor allem nach Massakern und ethnischen "Säuberungen" Militärs oder Polizeioffiziere als Administratoren ernannt.
Ich besann mich auf die Lage im Jahr 1972. Es war ungefähr dasselbe Theater vor dem historischen Blutbad. Im April 1972 wurde der König Ntare V, der von Micombero 1966 abgesetzt worden war, mit Gewalt von Ugandas Regierung nach Burundi zurückgebracht. Am 28.April hatte Micombero seine Regierung aufgehoben, weil sie über das Schicksal des Ntare V nicht bestimmen konnte. Theaterstreich: statt Zivil-Statthalter wurden Militärs ernannt. Am Tag danach brachen Unruhen in Nyanzalac aus. Nach offiziellen Angaben handelte es sich um einen Überfall durchgeführt von Burundern, die nach Tansania geflüchtet waren, denen sich Ruander-Rebellen (Inyenzi) und zaïrische Rebellen (Mulelisten) angeschlossen hatten. Das war eigentlich eine Manipulation, um blutige Repressalien zu rechtfertigen. Zaïre fiel in die Falle und setzte Truppen in Burundi ein, die Micombero halfen, Tausende von Hutu-Zivilisten totzuschlagen. Etwa 300.000 Leuten starben und ca. 450.000 flüchteten.
Ich hatte Angst. Jedes Mal wenn ich zur Arbeit ging, wusste ich nicht, ob ich nach Hause zurückgehen würde. Ich bangte um mich, um meine Familie. Ich war so traumatisiert, daß sich mein Blutdruck erheblich erhöhte. Das Leben war wirklich ein Kalvarienberg.Inzwischen hatte auch der Abgeordnete Sirahenda Mitte Dezember 95 an den Oberkommandierenden der Armee und den Oberkommandierende der Gendarmerie einen Brief geschickt, indem er laut gegen unsere Mißhandlungen vom 6.12 protestierte. Die internationale Gemeinschaft und vor allem Amnesty International wurden darüber informiert. Von da an wurde ich mehrmals täglich durch anonyme Telefonate terrorisiert. "Wir werden Sie und Ihre Kinder lebendig auf Autorädern verbrennen" wurde mir gedroht.
Ich erinnerte mich, wie Leute eben gegenüber dem Präsidentenpalast von den Todesschwadronen "Sans Echec" lebendig verbrannt worden waren, währenddem die Militärs und Gendarmen unbeteiligt zusahen. Es war zuviel für mich.
Von da an beschloß ich, die erste Gelegenheit zu benützen, um so weit weg wie möglich von Burundi zu flüchten. Ich wusste schon, dass die Flüchtlinge sich allerdings auch im Ausland nicht in Sicherheit wähnen konnten. Ein Killerkommando, bestehend aus drei "Sans Echecs" und vier Militärs, spionierte nämlich im April 95 in Nairobi Flüchtlinge aus. Bevor sie ihre Morde begehen konnten, wies die kenyanische Regierung sie aus.
Ich hatte keine Wahl. Ich musste flüchten. Das war fortan mein einziger Wunsch. Meine einzige Hoffnung.