Pressemitteilung

G7/G8-Gipfeltreffen in Japan vom 21.-23. Juli 2000:

- Hochrangiges Ferientreffen im Beach-Resort
- Hausaufgaben trotz guter Wirtschaftsaussichten nicht gemacht
- Schuldeninitiative für die ärmsten Länder festgefahren

Bonn, 19.7.2000. Während die Wirtschaftsgipfel von Birmingham und Köln von durchaus ernsthaften Bemühungen um die Lösung der Schuldenkrise der armen Länder gekennzeichnet waren, gönnen sich die Führer der sieben reichsten Industrienationen der Welt und ihr russischer Juniorpartner in diesem Jahr im japanischen Okinawa eine Auszeit. Weder in der Schuldenfrage noch beim Bau einer neuen internationalen Finanzarchitektur erwarten wir echte Fortschritte, erklärt die nord-süd-politische Organisation Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED) am Vorabend des Gipfeltreffens der Gruppe der Sieben bzw. Acht. Tatsächlich könnte der diesjährige Wirtschaftsgipfel am kommenden Wochenende so etwas werden wie ein hochrangiger Kurzurlaub im Beach-Resort. Selten schienen die Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft so rosig wie in diesem Jahr. Nach der Asienkrise ist die internationale finanzpolitische Situation von einer trügerischen Ruhe gekennzeichnet. Auch der Gipfel in Japan wird die Augen nicht vor den weltweiten Protesten verschließen können. Doch innerhalb der Tagungssäle ist die Stimmung harmonischer denn je seit den Turbulenzen der Jahre 1997/98. "Die großen Sieben sonnen sich in den guten Wachstumsprognosen, doch für die Armen und Ausgeschlossen im Süden, aber auch in den Industrieländern, wird die ökonomische Bonanza, auf die alle hoffen, möglicherweise ohne Bedeutung sein", befürchtet WEED-Vorstandsmitglied Rainer Falk, der seit über zehn Jahren die Weltwirtschaftsgipfel beobachtet. Neue Initiativen für die "globale Wissensgesellschaft" oder für den Sprung in das "globale Informationszeitalter" tragen in hohem Maße symbolischen Charakter, meint Falk. Die von zahlreichen Repräsentanten der Entwicklungsländer im Vorfeld des Gipfels angemahnte Verringerung der "digitalen Kluft" zwischen Nord und Süd wird Okinawa ganz bestimmt nicht bringen. Die sich abzeichnende Schwerpunktsetzung des Wirtschaftsgipfels auf das IT-Thema könnte zudem auf fatale Weise von anderen ungelösten Aufgaben ablenken. Die Initiative für eine Neue Internationale Finanzarchitektur droht auf Sand zu laufen, weil sich die G7 in Selbstzufriedenheit gefallen und niemand die Interessen des internationalen Finanzkapitals ernsthaft beschneiden will. "Die großen Sieben möchten gerne den Eindruck vermitteln, sie seien clevere und umsichtige Manager der Globalisierung. Doch in der Testfrage, wie die ärmsten Länder des Globus zügig von der Schuldenlast befreit werden können, haben die internationale politische Elite und ihre Institutionen wie IWF und Weltbank kläglich versagt", kritisiert die WEED-Vorsitzende Barbara Unmüßig. Ein Jahr nachdem Clinton, Blair und Schröder in Köln die Reduzierung der Auslandsschulden der ärmsten Länder um 70 Mrd. US-Dollar versprochen haben, ist die Verschuldung des Südens höher denn je. Nur ein Land aus der HIPC-Liste (Uganda) ist bislang in den Genuss eines konkreten Schuldenerlasses gekommen. Für acht weitere sind Schuldenerleichterungen noch dieses Jahr wahrscheinlich. "Die G7-Führer haben ihre Hausaufgaben nach Köln nicht gemacht", sagt Unmüßig. Während der Schuldenerlass in Deutschland durch die Kürzungen im Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) wieder aufgefressen werden, lehnt der US-Kongress weiterhin die Bewilligung des Großteils der von Clinton für die Schuldeninitiative versprochenen Finanzmittel ab. Derzeit können bereits zugesagte Schuldenerleichterungen an Bolivien und Honduras nicht gewährt werden, weil die USA ihren Anteil am HIPC-Fonds nicht bezahlen. Wegen bürokratischer Hindernisse in den Entscheidungszentren in Washington müssen bitterarme Länder wie Senegal und Mauretanien auf Entlastungen warten. Und auf zahlreiche andere verarmte Nationen Afrikas und Lateinamerikas wartet dasselbe Schicksal. Um die festgefahrene Entschuldungspolitik wieder flott zu machen, fordert WEED am Vorabend des Okinawa-Gipfel eine "Initiative auf höchster Ebene und in letzter Minute". Vor allem Bundeskanzler Schröder, der seinen Namen gerne mit der Kölner Initiative verbunden sieht, ist zum Handeln aufgefordert. Bis zum Ende des Jahres 2000 sollte die Schuldenstreichung für die ärmsten Länder abgeschlossen sein. Die Zeit läuft aus.

Weitere Information: WEED, Tel. 0228/766130

Hinweis: Der WEED-Schuldenreport 2000 liegt nun vor. Er liefert aktuelle Zahlen zur Verschuldungssituation der Entwicklungsländer und zieht ein Jahr nach dem G7-Gipfel eine kritische Zwischenbilanz der Kölner Schuldeniniative. Eine Zusammenfassung des Schuldenreports finden Sie auf unserer homepage: www.weedbonn.org. Presseexemplare können in der Bonner Geschäftsstelle von WEED angefordert werden: Bertha-von-Suttner-Platz 13, 53111 Bonn, Fax 0228/696470, e-mail: weed@weedbonn.org.